Vor vielen, vielen Jahren war der Gipfel des Stockberges noch von einem dichten, undurchdringlichen Urwald bewachsen. Kein Mensch wagte sich in die geheimnisvollen Tiefen der Wildnis des Stockbergwaldes, denn eine alte, spindeldürre Hexe trieb dort ihr dunkles Wesen. Sie stand mit dem Teufel im Bunde und schmiedete allerlei schlimme Pläne gegen die Bewohner der Ebene, die sich zu Füssen des Stockberges ausbreitete. Ihr war eine ganz besondere Kraft zu eigen. Sie hatte nämlich die Fähigkeit schreckliche Gewitter hervorzurufen und die Wiesen und Bäume der Bauern mit taubeneigrossen Hagelkörnern zu vernichten. Niemand war imstande, dieser furchtbaren Landplage Abhilfe zu schaffen. Nur das Magnusglöcklein, das im Turme der Kapelle von Buttikon hing, vermochte ihrem schändlichen Treiben Einhalt zu gebieten. Wenn das Glöcklein läutete, erlahmte die Zauberkraft der Hexe, und sie war machtlos. Eines Tages schickte sie in ihrer üblen Laune ein schweres Ungewitter, vermischt mit einem noch nie dagewesenen Hagelschlag, über die bedrückten Bewohner von Schübelbach und Buttikon. Der Sigrist von Buttikon läutete in seinem Eifer gleich mit allen Glocken Sturm. Das Seil der Magnusglocke aber zog er am weitesten hinunter um der Glocke einen vollen Ton zu entlocken. Als die Hexe das durchdringende Bimmeln des Magnusglöckleins vernmahm, spürte sie, dass ihre Zauberkraft gebannt wurde. In unermesslicher Wut wollte sie sich auf das Türmchen stürzen um die Magnusglocke zu zerstören. Sie sprang mit einem Riesensatz von den Höhen des Stockberges gegen Buttikon hinunter um die Kapelle zu zerstampfen. Aber der Wind trug sie in der Luft ab, und sie landete unter schrecklichen Flüchen und Verwünschungen im „Richterheim“. Durch die gewaltige Wucht ihres Aufpralls zeichneten sich die Abdrücke ihrer Hände und Füsse tief in den Stein ein, auf dem sie landete. Die Hexe zog sich zu Tode verwundet in ihren Schlupfwinkel zurück. Von da an hörte man nie mehr etwas von ihr. Nur die Abdrücke konnte man noch bis vor wenigen Jahren, ehe der Stein gesprengt wurde, im „Richterheim“ bewundern.